23. August 2024

Die Bedeutung des Herrenberg-Urteils: Musiklehrer dürfen keine Honorarkräfte mehr sein

In letzter Zeit erreichen uns immer mehr Anfragen, in denen darüber berichtet wird, dass Musiklehrer nicht mehr als Honorarkraft beschäftigt werden. Dabei geht es vor allem um die Auswirkungen auf die Versicherungspflicht über die Künstlersozialkasse.

Das Herrenberg-Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. Juni 2022 markiert einen bedeutenden Wendepunkt für die Beschäftigungsbedingungen von Musiklehrern in Deutschland. Dieses Urteil hat weitreichende Folgen für Musikschulen und ihre Lehrkräfte und sorgt für eine Neuordnung der Anstellungsverhältnisse im Kulturbereich.

Hintergrund des Urteils



Das Urteil entstand aus einem Fall in Herrenberg, bei dem ein Musiklehrer auf Honorarbasis an einer Musikschule tätig war. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) stellte fest, dass die Tätigkeit des Lehrers den Kriterien einer abhängigen Beschäftigung entsprach und somit sozialversicherungspflichtig war. Diese Einschätzung wurde vom BSG bestätigt, was die bisherige Praxis der Beschäftigung von Musiklehrern auf Honorarbasis in Frage stellte.

Das BSG stellte fest, dass die Arbeitsbedingungen an Musikschulen in der Regel nicht die Voraussetzungen für eine echte selbstständige Tätigkeit bieten. Dies bedeutet, dass viele Honorarkräfte als scheinselbstständig einzustufen sind und daher sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden müssen.



Auswirkungen des Urteils

Für die Musikschulen bedeutet die Umstellung auf Festanstellungen eine erhebliche Erhöhung der Betriebskosten. Da Festanstellungen im Vergleich zu Honorarverträgen teurer sind, könnten Musikschulen gezwungen sein, ihre Unterrichtsgebühren zu erhöhen oder ihr Angebot einzuschränken, um die zusätzlichen Kosten zu decken.


Für die Musiklehrer selbst bringt das Urteil viele Vorteile. Festanstellungen bieten eine bessere soziale Absicherung und verringern die Gefahr der Altersarmut. Viele sehen darin eine Chance, die Attraktivität des Berufs zu erhöhen und langfristig qualifiziertes Personal zu binden.


Fazit für KSK-Versicherte



Für Versicherte der Künstlersozialkasse wird somit das freie künstlerische Einkommen reduziert, weil diese Einkünfte durch Minijobs oder feste Anstellungen ersetzt werden. Der Versicherte der Künstlersozialkasse muss nun darauf achten, dass über Einzelschüler, Chorleitungen oder Einnahmen als freier Musiker noch das Mindesteinkommen von € 3.900.- p.a. durch die freie Tätigkeit erwirtschaftet wird.


Sobald das Einkommen aus diesen Anstellungen eine übergeordnete Rolle spielt, wird über die KSK nur noch die Rentenversicherungspflicht bestehen bleiben. Ob die Künstlersozialkasse trotzdem für die Zeiten, in denen keine Anstellung besteht, die Krankenversicherung bezuschusst, wäre im Einzelfall zu prüfen, aber durchaus möglich. Künstler*innen, deren zusätzliches freies künstlerisches Einkommen überwiegt, sollten eigentlich durch die KSK kranken- und pflegeversichert werden. Der Arbeitgeber „Musikschule“ wäre somit nur für die Rentenbeiträge zuständig.


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