Freie Wildbahn e. V.
23. August 2024

Tätowieren und die Künstlersozialkasse: Kunst oder Handwerk?

Das Bundessozialgericht (BSG) musste Ende Juni darüber entscheiden, ob eine tätowierende Person in die Künstlersozialkasse aufgenommen werden kann.

Der Fall betraf eine diplomierte Designerin, die den Großteil ihrer Einnahmen durch ihre Arbeit als Tätowierende erzielte. Zusätzlich war sie auch als Illustratorin und Zeichnerin selbstständig tätig, nahm an Ausstellungen teil und gewann verschiedene Preise. Dennoch verweigerte die Künstlersozialkasse ihre Anerkennung als versicherungspflichtige Künstlerin.


Das BSG stellte klar, dass seine bisherige Rechtsprechung das Tätowieren im Allgemeinen nicht als künstlerische Tätigkeit anerkennt. Der Grund dafür liegt darin, dass nicht jedes Tattoo als Kunstwerk angesehen werden kann und nicht jede tätowierende Person automatisch als Künstler*in gilt. Trotz der kreativen Aspekte bleibt das Tätowieren eine überwiegend handwerkliche Tätigkeit, bei der der Schwerpunkt auf der technischen Umsetzung liegt.


Ausnahmen vom Grundsatz

Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel. Tätowierende können als Künstler*innen anerkannt werden, wenn der Entwurf und die Umsetzung eines Tattoos so einzigartig sind, dass sie ein Gesamtkunstwerk bilden. Dafür müssen zwei zentrale Bedingungen erfüllt sein:

 

           1.       Künstlerische Ausbildung und Anerkennung als Künstler*in

           2.       Untrennbare Verbindung von Kunst und Handwerk


Fazit

Die Entscheidung des BSG verdeutlicht die schwierige Abgrenzung zwischen Kunst und Handwerk im Beruf desder Tätowierenden. Viele Tätowierende empfinden ihre Arbeit als künstlerisch, doch die Anerkennung als Künstlerin im Rahmen der Künstlersozialkasse erfordert bestimmte Voraussetzungen. Tätowierende, die ihre Arbeit als ein untrennbares Gesamtkunstwerk verstehen und eine entsprechende künstlerische Ausbildung oder Anerkennung vorweisen können, haben die Möglichkeit, in die Künstlersozialkasse aufgenommen zu werden.

 

Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, die individuelle künstlerische Leistung und den kreativen Prozess differenziert zu betrachten, um eine gerechte Entscheidung zu treffen. Es bleibt abzuwarten, wie zukünftige Urteile in ähnlichen Fällen ausfallen werden.


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