Freie Wildbahn e. V.
2. Juli 2020

Grundrente für Künstler – Welche Probleme gibt es dabei?

Es klingt zu schön, um wahr zu sein. Die Grundrente soll für einkommensschwache Menschen eine finanzielle Hilfe darstellen. Doch schon bei einem genaueren Blick auf die Voraussetzungen, wird klar: Es kann sich nur um einen schlechten Scherz handeln, denn gerade diejenigen, die sehr wenig verdienen, gehen bei der Grundrente leer aus.

Fassen wir noch einmal zusammen: Die Grundrente erhält, wer

  1. mindestens 33 Jahre lang
  2. mindestens 30 % des deutschen Durchschnittseinkommens verdient hat und
  3. entsprechende Rentenversicherungsbeiträge eingezahlt hat.


Im Jahr 2019 betrug das durchschnittliche Monatseinkommen in Deutschland ca. 3.100 Euro.


Und da kommen wir schon zum Problem: Viele Künstler verdienen aber nicht diese 30%, die in etwa 1.000 Euro im Monat entsprechen. Einige leben sogar am Existenzminimum. Das bedeutet, dass gerade Künstler keinen Anspruch auf Grundrente haben werden, da sie im Laufe ihres Lebens nicht genügend verdienen.


In diesem Jahr ist es für Künstler besonders schwierig. Durch die Corona-Pandemie und den mit ihr einhergehenden Lockdown haben vor allem Künstler große Einbußen. Während Unternehmen auf eine unbürokratische Soforthilfe des Staates hoffen konnten, gingen Künstler weitestgehend leer aus. Die ohnehin schon starken Einkommens-Schwankungen von Künstlern waren bzw. sind dieses Jahr durch die Auswirkungen des Corona-Lockdowns besonders existenzbedrohend. Es ist – aus unserer Sicht – nicht verständlich, dass die Bundesregierung die Mindesteinkommensgrenze so hoch ansetzt.

Die Benachteiligung der Künstler

Künstler werden durch diese Voraussetzung mit Minijobbern oder Teilzeitbeschäftigten gleichgesetzt, die die Mindesteinkommensgrenze ebenfalls nicht erreichen. Es erhält also niemand eine Grundrente, sofern das Einkommen lediglich als „ergänzend“ angesehen wird. Dabei wird allerdings nicht berücksichtigt, dass Künstler in den häufigsten Fällen Vollzeit arbeiten, aber dennoch ein sehr niedriges Einkommensniveau haben. Diese Vorgehensweise kommt einer Diskriminierung des Künstlerberufes gleich.


Im Grunde werden Kreative gleich zwei Mal betrogen. Obwohl sie in der Regel einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen, erhalten sie oft keinen angemessenen Lohn für ihre Leistung. Und das wiederum führt dazu, dass ihnen auch noch die Grundrente verwehrt bleibt.


Bereits jetzt gehen diverse Institutionen auf die Barrikaden und fordern eine Absenkung der Mindesteinkommensgrenze. Dazu gehören unter anderem der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler, der Bundesverband der Rentenberater e.V. sowie die Allianz der Freien Künste. Ob eine Absenkung der Einkommensgrenze auf 10 % - wie gefordert – tatsächlich durchsetzbar ist, bleibt abzuwarten. Allerdings sollte klar sein, dass die bisherige Regelung keine faire Lösung darstellt.

Die Grundrente – ein Fazit

So löblich die Idee einer Grundrente für Geringverdiener auch ist, sie sollte tatsächlich auch den Geringverdienern zugute kommen – einschließlich der Künstler. Und das scheint hier nicht der Fall zu sein. Eine Mindesteinkommensgrenze von 30% des jährlichen deutschen Durchschnittseinkommens ist für die Künstlerszene utopisch. Sicherlich mag ein Jahr erfolgreicher sein als das andere, aber auf mindestens 33 Jahre gerechnet, wird es für viele Künstler kaum möglich sein, dieses Niveau zu halten. Der Beschluss der Bundesregierung sollte dringend überdacht und neu überprüft werden, um auch den Künstlern gerecht zu werden.

Was Sie tun sollten

Als in der Künstlersozialkasse versicherter Publizist oder Künstler schätzen Sie jährlich Ihr Einkommen im Voraus für das Folgejahr. Die hier angegebenen Werte sind nicht nur die Berechnungsgrundlage für Ihren monatlich zu zahlenden Versicherungsbeitrag Ihrer KSK Mitgliedschaft – zugleich enthält der Beitrag dann auch Rentenversicherungsbeiträge. Auf Grundlage dieser Höhe, die auf Ihrer Einkommens-Vorausschau beruht, wird die Deutsche Rentenversicherung später feststellen, ob Sie wenigstens 33 Jahre zwischen 30% und 80% des deutschen Durchschnittseinkommens verdient haben und für die Grundrente berechtigt sind.


Schätzen Sie daher Ihr zukünftiges Einkommen gegenüber der Künstlersozialkasse immer möglichst korrekt ab und schätzen Sie im Zweifelsfall lieber etwas zu viel als zu etwas wenig! Denn das bringt Ihnen nebenbei durch die KSK mehrere Vorteile.

Letzte News

von Detlef Husemann 3. Oktober 2024
In einigen Bereichen, wie z. B. bei Synchronsprecher*innen, werden tageweise unständige Beschäftigungen vergeben. Für selbstständige Personen, die über die Künstlersozialkasse (KSK) versichert sind, wirkt sich dies in der Regel so aus, dass die einzelnen Arbeitstage nicht der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht unterliegen. In diesen Fällen fordert die KSK für diese Tage die doppelten Beiträge bei der Krankenkasse zurück und schreibt sie den Versicherten auf deren Beitragskonto gut.
von Detlef Husemann 3. September 2024
Diese Neuerung stellt die größte Veränderung seit der Gründung der Künstlersozialkasse (KSK) im Jahr 1983 dar. KSK-Versicherte sind nun nicht mehr auf einen engen Bereich beschränkt, der es ihnen erlaubt, neben den künstlerischen oder publizistischen Einkünften auch aus nicht anerkannten Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
von Detlef Husemann 3. September 2024
Zum 1. Januar 2023 traten wesentliche Änderungen im Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) in Kraft. In diesem Artikel beleuchten wir, wie sich diese Neuerungen auf die Verwaltungspraxis auswirken und welche Konsequenzen sie für bestehende und zukünftige Versicherte haben.
Share by: