Freie Wildbahn e. V.
Sept. 11, 2008

Abschaffung der Künstlersozialkasse, warum?

Es erinnert schon stark an den 22. November 2004. Genau an diesem Tag wurde zuletzt über das Fortbestehen der Künstlersozialkasse heftig diskutiert und die Betroffenen fürchteten um Ihre soziale Sicherung. Damals ging es allerdings um die Beratungsergebnisse der Enquete-Kommission des Bundestags: "Kultur in Deutschland", deren Ergebnis war. Unverzichtbares sozialpolitischen Instrument - aber die Finanzierung müsse auf feste Beine gestellt werden. Ein Aufatmen ging durch die Reihen der Medien-, Kunst- und Kulturberufler auf der Freien Wildbahn. Was vielen in diesem Moment wohl nicht klar war - diesem Ergebnis mussten jetzt auch Taten folgen. Hierzu berichteten wir bereits: Künstlersozialabgabe 2010 nur noch 3,9 %. Die Umsetzung des Künstlersozialversicherungsgesetzes hat wesentlich höhere Wellen geschlagen als erwartet, da in der jetzigen Form so gut wie kein Unternehmen, dass Aufträge an Freie vergibt nicht von der Abgabe an die Künstlersozialkasse betroffen ist. Die dadurch erzielten Mehreinnahmen relativieren den als Erfolg verbuchten neuen auf 4,4% gesunkenen Abgabensatz.

Die Auftraggeber weigern, sich KSK-Abgaben zu zahlen

In diesem Zusammenhang erhalten wir fast täglich Anfragen und Berichte von Mitgliedern, dass sie ihre Auftraggeber verlieren, da diese nicht bereit seien die KSK-Abgabe zu leisten und in nicht wenigen Fällen wird berichtet, dass vereinzelt Auftraggeber sogar auffordern Rechnungen rückwirkend so zu verändern, dass möglichst keine KSK-Abgabe anfällt. Unabhängig von der Rechtmässigkeit würde diese Maßnahme den späteren Ausschluss aus der Künstlersozialkasse zur Folge haben, da die Tätigkeit nicht mehr dem KSVG entspricht. Andere Betroffene berichten darüber, dass Ihre Auftraggeber verlangen, dass der Künstler die Abgabe übernimmt. Erschreckender Weise fragen einige sogar an, ob sie nicht Ihrem Auftraggeber anbieten sollen, die Abgabe zu übernehmen, da sie ansonsten um Ihre Existenz fürchten. Seit gestern besteht erneut Grund sich um die Künstlersozialkasse in Ihre jetzigen Form Sorgen zu machen, auch wenn die nachfolgend beschriebene Initiative einiger Bundesländer seit heute als bedauerliches Missverständnis auf Arbeitsebene heruntergespielt wird. Aus mehreren Bundesländern kam Entwarnung."Niemand wolle die Künstlersozialversicherung eliminieren".

Alles nur eine Ente?

In der Praxis ist hier sicherlich ein vereinfachtes Verfahren, gerade hinsichtlich der rückwirkenden Beitreibung der Abgabe an die Künstlersozialkasse erwünscht. Viel wichtiger ist aber die Aufklärung der Auftraggeber hinsichtlich der Auftragsvergabe an Mitglieder der Künstlersozialkasse. Hier wird die Vergabe an juristische Person wie GmbH's als Lösung gepriesen, bei der die Abgabe der GmbH verbleibt. Hierbei sollte man aber nicht übersehen, dass die GmbH die Abgabe in Ihre Preise einkalkulieren wird. Wenn durch diese Vorgehensweise tausende Freie Ihre Auftraggeber verlieren, ist dem Sozialstaat sicherlich in keiner Weise gedient. Wir werden Sie in dieser Sache weiterhin berichten und haben diesen Infobrief dem eigentlichen Starttermin für unseren ab 15. September monatlich erscheinen Infobrief aus aktuellem Anlass vorgezogen. Nachfolgend die Fakten und Kontaktadressen, bei denen Sie Ihre Gedanken zu dieser Entwicklung unbedingt einreichen sollten.


Grüße aus Arnsberg, Freie Wildbahn e.V. Der Vorstand

Einige Bundesländer fordern die Abschaffung der Künstlersozialkasse

Zur Sachlage und aktuellem Handlungsbedarf: auf Initiative der Bundesländer Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein wird dem Bundesrat für die kommende Sitzung am 19. September empfohlen, die Künstlersozialversicherung abzuschaffen. An diesem Tag soll dort über einen entsprechenden Antrag abgestimmt werden. Wie der Deutsche Kulturrat mitteilt, wurde gestern in einer Empfehlung (Bundesratsdrucksache 558/1/08 vom 08.09.2008) zum "Entwurf des Dritten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere der mittelständischen Wirtschaft (Drittes Mittelstandsentlastungsgesetz)" (Bundesratsdrucksache 558/08) vom federführenden Wirtschaftsausschuss, dem Ausschuss für Frauen und Jugend, dem Ausschuss für Innere Angelegenheiten sowie dem Finanzausschuss Bundesrates mit den Stimmen der genannten Länder beschlossen:



"Der Bundesrat fordert, dass die Künstlersozialversicherung abgeschafft oder zumindest unternehmerfreundlich reformiert wird." Gegen die Empfehlung haben sich folgende Länder gewandt: Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen. Enthalten haben sich: Bayern, Berlin und das Saarland. Die Bundesregierung selbst steht bisher geschlossen hinter der Künstlersozialversicherung. Allerdings steht zu befürchten, dass anhaltender Druck aus dem Bundesrat hier bei teilen der Regierung für ein Überdenken ihrer Positionen sorgen könnte. Fakt ist, dass hinter dieser Initiative die Kritik des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) und des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) steht, dessen Akteure seit Monaten den politischen Raum gegen die Künstlersozialversicherung und die damit einhergehende Verpflichtung zur Leistung der Künstlersozialabgabe zu mobilisieren versuchen.


Die Kosten der Künstlersozialversicherung werden zu 30 Prozent durch die Verwerter finanziert, die - wie bei jeder Abgabe - im Falle der Nichtzahlung zu Nachzahlungen verpflichtet sind. Die seit Jahresanfang stattfindende Zuständigkeitsverlagerung der Betriebsprüfungen auf die Deutsche Rentenversicherung hat viele säumige Zahler dazu bewegt, bei ihren Wirtschaftsverbänden politische Initiativen gegen die Abgabenzahlungen einzufordern. Diese haben sie mit dem Bundesratstermin am 19. September nunmehr auch bekommen. Darüber hinaus empfehlen wir unseren Mitgliedern in den oben genannten Bundesländern, sich an die politischen Interessenvertreter in ihrem Bundesland zu wenden und die jeweiligen Oppositionsparteien zur Beantragung einer Sondersitzung ihrer Länderparlamente bzw. einer entsprechenden parlamentarischen Diskussion zu diesem Thema zu bewegen.


Hier die Mailadressen der Landesregierungen: poststelle@stk.hessen.de, poststelle@stk.niedersachsen.de, poststelle@stm.bwl.de, info@sk.bremen.de, landesregierung@schleswig-holstein.de, poststelle@stk.brandenburg.de, staatskanzlei@stk.sachsen-anhalt.de. Die Künstlersozialkasse ist eine sozialpolitische Errungenschaft, die nicht durch kurzfristiges kaufmännisches Kalkül ins Abseits gedrängt werden darf.

Letzte News

von Detlef Husemann 27 Aug., 2023
Der Prozentsatz zur Künstlersozialabgabe wird durch die Verordnung geregelt. Einnahmen und Ausgaben ergeben daher die Abgabenlast. Zusätzlich steuert der Bund noch einen Zuschuss bei.
05 Dez., 2022
Der Deutsche Bundestag hat am 1. Dezember 2022 den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-Änderungsgesetz – 8. SGB IV-ÄndG) beschlossen. Sofern das Gesetzgebungsverfahren ordnungsgemäß abgeschlossen wird, ist zu erwarten, dass das Gesetz zum 01.01.2023 in Kraft treten wird. Dieses umfasst auch weitreichende Änderungen am Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) , die wir Ihnen hier in aller Kürze darstellen möchten. Zu beachten hierbei ist, dass das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist und auch eventuelle weitere Änderungen nicht ausgeschlossen werden können. Die angestrebten Änderungen dürfen also noch nicht als „bare Münze“ verstanden werden. Dennoch möchten wir Ihnen hier bereits einen Überblick über die wichtigsten geplanten Änderungen geben:
03 Okt., 2022
Die Künstlersozialabgabe steigt ab 2023 auf 5 Prozent . Zuvor hatte sich der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung seit 2018 stabil bei 4,2 Prozent gehalten. Das wird sich ab 2023 ändern - dann steigt der Satz erstmals seit 5 Jahren wieder um satte 0,8 Prozentpunkte auf insgesamt 5 Prozent. Dies geht aus der Verordnung der Künstlersozialabgabe 2023 hervor.
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